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Von Altem und Neuem


Von Altem und Neuem

Freitag, welcher sich anfühlt, wie ein Montag. Einzige Ausnahme dabei ist, der Spürverkehr, welcher sonst das morgendliche Wien lahmlegt und die Nerven derer, welche wie ich, immer zu spät losfahren um in die Arbeit zu kommen und dies alles nur, weil ich morgens in aller Ruhe und ohne auf das Zwiebelding zu glotzen, mein Bohnenheißgetränk schlürfe, an meiner Tschigg rumnuppele, das Gevögele in den Sträuchern und Ästen beobachte, die Klara meist meinen Nacken kitzelt und mir in diesem Momenten wirklich die RennWieBescheuertDrehUmDieEigeneAchsedinger, welche im Gehäuse eingezwängt, immerzu suggerieren wollen, dass ich zu spät dran bin und endlich mal in die Pötte kommen muss.

Da sitze ich nun, es ist mir scheißegal und häng meinen Gedanken hinterher.

Eine leise Brise streift meinen Hals, umweht meine Nasenflügel und hinterlässt einen Geruch, welcher mir bekannt vorkommt. Komisch, mitten im Wiener Wald schmecke ich das Salz des Meeres auf einmal. Den Zinken in die Richtung gehoben, aus dem diese Erinnerungen kamen, kräftig reingezogen, tief durchgeatmet und …. tatsächlich, es erinnert mich an meine Jugend, an Toni, an unsere Erlebnisse, an die Ostsee, an süße Mädels, welche einen Dialekt pflegten, der mich schwach werden ließ.

Der Moment scheint sehr passend zu sein, denn selbst Klara, welche gerade noch kräftigst mir ihre Zuneigung bezeugen wollte, legt sich zum Träumen auf die Wattebäusche da oben und verliert sich mit mir in der Vergangenheit.

Wenn sie dann, gefangen in einem Emotionsaugenblick, hinter den Wolken vorschaut, zärtlich lächelnd nach mir guckt, dann strahlen alle hellen Farben. Man muss die Äuglein zusammenkneifen, um wenigstens ein bisserl erkennen zu können.

Alle reden von Emotionen und keiner weiß mehr, wie sie eigentlich schmecken.

Ich schon!

Es gab viele Momente in meinem Leben, in denen ich sie definieren wollte. Sind sie salzig oder süß, groß oder klein, traurig oder fröhlich, was macht sie aus, rund oder oval, süß oder sauer, nass oder halbtrocken, wie fühlen sie sich wirklich an, wenn sie in uns treten?

Wenn sie sich aus unserem Sehen herausdrücken und langsam den Weg, vorbei an unseren Bebeflügeln, das sind die Dinger, welche in solchen Situation meist der Art pulsieren, dass wir uns vorkommen, als wenn sie ein Eigenleben entwickeln wollten, ja, wenn sie sich der Schwerkraft beugen, an ihnen vorbeikullern, eine salzige Spur hinterlassend den Weg zu unserer Seelengrotte findend, dann in ihr ankommen, werden wir bewusst wahrnehmen können, welche Geschichte und welchen Geschmack sie in sich tragen.

So denke ich an die Zeiten zurück, als Toni noch lebte, wir die Quallen aus der Ostsee fischten, um sie tiergerecht in einem Eimer voll Water mit in den Bungalow zu nehmen, damit wir sie am Abend, wenn alle schliefen, genauer untersuchen konnten.

Meist gab es da nicht viel zu sehen, denn der gallertartige Klumpen, welcher sich aus ihnen gebildet hatte, erinnerte eher an die Kotze eines Kindes, welches sich an Götterspeise überfressen hatte, als an Quallen.

Vergessen wurden sie, denn es gab immer Neues zu entdecken.

Nach ca. 2 Tagen war es dann so weit.

Eigenartige Gerüche verteilten sich im Raum. Komischer Weise nur in unserem, nicht in der Küche, offn WC oder gar bei unseren Eltern, nein, nur bei uns.

Verwesung, Vergammeln und der stinkische Duft des Todes breiteten sich bei uns aus.

Vom Wasser war nix mehr vorhanden, stattdessen ein Eimer voll Götterspeise mit substanziellem, spezifischen und grässlichem Aroma.

Ja, es waren schöne Zeiten.

Die Zeiten wandeln sich und mit ihr all das, was uns umgibt.

Scheinbar Altes wird von Neuem als Grundlage für weiteres Leben entdeckt.

Manche Dinge behalten ihre Struktur, erfüllen nicht mehr ihren Zweck, aber bilden einen einfachen und interessanten Kontrast, zu dem, was mal war und was werden wird.

Kräftiges Grün verströmt nicht nur den Neubeginn, sondern bildet eine pelzig anmutende Schutzhülle für die Vergangenheit.

Es ist wie mit unseren Erinnerungen.

Tief tragen wir sie in uns. Das Moos ummantelt sie, damit sie immer befeuchtet werden. Jedes Mal wenn wir an sie denken, weinen oder lachen müssen, die Emotionskullern durch unsere Seelengrotte ihren Einlass zu unserem Herzen finden, dann betröpfeln wir sie, die vielen kleine Moospflänzschen und füllen sie mit unseren Gedanken, Hoffnungen, Wünschen, Erinnerungen und Träumen.

Die Natur lebt es uns vor. Vom Leben und Sterben.

Berührt fühle ich mich und dies nicht nur durch die Brise, welche nach Ostsee schnuppert, sondern auch durch die Ruhe, welche ich empfinden kann, wenn ich an Toni denke, auch wenn schon so viel Zeit vergangen ist, sind es eben doch die kleinen Augenblicke, welche mich spüren lassen, wie nah ich ihm bin und auch, wie sie schmecken.

In diesem Moment…. salzigsüß.

Nicht Traurigkeit bestimmt mein Dasein jetzt, sondern das Glück, erlebt zu haben, erleben zu können und erleben zu dürfen.

Immer wieder kehre ich an meine Erinnerungsorte zurück. Nicht klar ist mir, warum dies so ist. Ich kann fröhlich und absolut glücklich sein, lehne mich zurück und geniesse die Ruhe, dann wache ich auf, wo ich einst war. Mich durchströmen die schönsten Gefühle, teilweise verschwommen und von der Wahrheit weit entfernt und dennoch, ich kann die Empfindungen von Damals, mit den heutigen verbinden und rauskommen werden dann ganz neue.

Es wäre gelogen zu behaupten, dass all das Erlebte weit hinter mir liegt, dass es in mir sanft schlummert und wohl beschützt mein ICH darstellt.

Schmerz gehört zum Leben, auch wenn dieser meist zu Tage prescht, wenn wir ihn so nicht erwarten.

Leben ist Bewegung und Bewegung bedeutet nun mal, bewegt sein zu können, bewegt zu werden und bewegen zu können.

In diesem Sinne….. stemme ich noch den Freitag, um dann ins Wochenende zu rutschen.

Der Song dazu…..


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