Vom Leben und Sterben
- Admin
- 18. Feb. 2016
- 4 Min. Lesezeit

Vom Leben und Sterben
Ein Titel, welcher eine urstarke Bedeutung in sich trägt, ungeahnte Weite, seelenreine Tiefe, Angst und Freude.
Es ist Montag, der 18.01.2016.
Meine nächste Untersuchung steht erst im März an und eigentlich hätte ich gar keinen Grund ängstlich zu sein, denn es fühlt sich irgendwie alles okay an.
Mal abgesehen von meinen, immer wiederkehrenden und winterlich angehauchten, Entzündungen der Glubbschen (Äuglein auf sächsisch), dem permanenten Gefühl, ich müsste mich eincremen und dem Schnubben (Schnupfen auf sächsisch), dem laufenden Zinken und den Augenringen bis zu den Kniekehlen.
So und dann werde ich mit genau den Themen konfrontiert, welche mich mitnehmen, die ich mir dann annehme und dich mich treffen.
Auch wenn ich auf meinem Büroball sitze, meinen Arsch darauf hin- und herbewegen kann, es mollig warm ist und ich ziemlich entspannt sein müsste, hocke ich auf dem Gummiding und spüre IHN im Nacken, den depperten mit seinem Rasenschneidgerät.
Er holt sich die Leutschen reihenweise…. zur Zeit.
Überall kloppt der Vogel an, huscht leise an der Tür vorbei und klotzt auf seinen nächsten Kandidaten.
So erzählen mir Freunde und Bekannte von ihrer Begegnung mit einem Krebs.
Glaubt mir, da sind Schicksale dabei, welche mit meinem nicht mal annähernd etwas zu tun haben.
Ich hatte wirklich Schwein, dies wird mir dabei immer bewusster.
Auch wenn meine Diagnose endgültig war, keinerlei geeignete Maßnahmen damals gesetzt wurden, denn laut meinem Doktore, wäre dies nur Verschwendung von Kassenbeiträgen, Zeit und Medikamenteneinsatz gewesen, habe ich den ganzen Scheiß hinter mir lassen können.
Ich lebe noch heute und dies, bis auf paar Ausnahmen, quietschfidel.
Nun, ab und an schnippeln sie an mir noch rum, jedes Mal rutsch mein Herz in die untere Region, mein Körper wird stocksteif, mein Puls rast und die Schweißperlen nehmen einen ungeahnten Umfang an, so groß, fett, dick und prall, dass ein ausgewachsenen Riesenkürbis sich dagegen wie eine Träne im Äugleinbereich vorkommen muss. Diesen mumienhaften Zustand verdanke ich dann nicht der Diagnose, denn ehe diese Retour kommt, vergehen meist 3 Wochen, sondern der teuflische gefährlichen und fast schon terroristisch anmutenden Spritze, welche sich in mein Fleisch bohren soll.
Die Entnahme der Gewebeprobe hatte ich bisher nur 3 Mal live erlebt und zwar so, dass ich nicht nur die Stanze spürte, sondern das Brennen und den Schmerz.
Glaubt mir, es gibt Körperteile, da tut´s nicht nur weh, sondern es ist die Hölle.
Zweierlei Gründe:
Es sind Regionen, da lässt man(n) einfach nicht jeden/ jede hin
Es sind Teile, die ähnlich wie hochsensible Antennen funktionieren
Das Danach ist eine ziemlich haarige Frage
Keine Ahnung an was ihr so denkt, aber es könnten auch die Fußsohlen gemeint sein, denn dort haben sie auch schon rumgeschnippelt, inklusive mitten im Gesicht.
Schnurz, denn Gehirntumor, Lungenkrebs und Konsorten besiedeln gerade Freunde und Bekannte.
Es ist komisch, denn es ist und war wie bei meiner ersten Diagnose.
Bis dahin hat man IHN zwar wahrgenommen, aber eben nicht für voll, denn es betraf einem selbst ja nicht. Dann die eigenen Hiobsbotschaft und schon kannte der, den,die,das usw.
Egal was man im TV guckte, egal was man im Radio hörte, auf einmal drehte sich alles um Krebs.
Freunde erleichterten mir das Leben mit Erfolgsberichten, Toppnachrichten und genialen Heilungschancen und im TV………das ganze Gegenteil!
Damals schwankte ich zwischen himmlischer Freude und Euphorie, da sie sich alle so viel Sorgen machten um mich und abgrundtiefen Hass, für die ganze Scheiße.
Ähnlich ist jetzt die Situation. Vielleicht bin ich auch Hypochonder.
Kann mich an mich an früher erinnern.
Im DDR TV gab´s da so ne Sendereihe, welche VISITE hieß. Da ging es immer um Krankheiten, Anzeichen von solche, Medikamente, Heilungschancen usw.
Jedes Mal wenn ich mir diesen Mist reinzog, es mir anschaute und in den Reprotagen versank, krabbelte, juckte und schmerzte es auf einmal bei mir. Glaubst oder glaubst nicht, ich bekam Akne an genau den Stellen, welche die am Vorabend beschrieben hatten und die Zustände, in Verbindung mit den beschriebenen Krankheiten, konnte ich nicht nur nachempfinden, sondern ich hatte sie selbst. Gott, bin ich ein kaputter, kranker und bescheuerter Mensch.
Aber was ich damit sagen wollte…… ähm, was war das doch gleich?!
Alzheimer lässt grüßen oder einfach nur mei Alter oder einfach nur meine Expresszuggeschwindigkeit des Gedankenwirrwarrs.
Ich muss zu dieser Untersuchung….. sie wird gut gehen und eins gibt’s, was positiv dabei ist:
Die Frau Doktore, welche immer ihre Finger über meine Hautpartien gleiten lässt und zwar so, dass ich genau in diesem Moment an ganz andere Dinge denken muss, wie an Krebsvorsorge.
Die, welche wilde schwarze Locken hat, ihre dunklen Augen funkeln.
Die, welche fast schon melodisch ihre Fragen stellt, mich damit bezirzt, einlullt und zum Wahnsinn treibt….. sie ist wirklich eine…..ähm, naja, hm…. tolle Ärztin, wenn sie im Ärztekarussell für mich vorgesehen ist. Auch so ein Blödsinn!!! Nicht das ich mir immer ihre Nähe wünschen würde, sondern einfach, weils saubescheuert ist, wenn laufend andere dich begrapschen (komisch, mei WORD meckert, dass ich dies falsch geschrieben hätte, laut WIKI- dem Alleswisser- könnte ich es sogar mit „B“ schreiben), dich anglotzen und dir die intimsten Fragen stellen, auch kostet es nen Haufen Kohle, denn jedes Mal musst deine Geschichten von Neuem erzählen und das kostet Zeit.
Nun, ich will DIE wieder haben!!!!!
Und so starte ich in die neue Woche, rücke dem Termin wieder zeitlich ein bisserl näher und schau raus aus dem Fenster. Klara scheint nicht nur, sie lacht…..ihr Grinsen erstreckt sich vom linken zum rechten Ohr, wenn sie welche hat.
Kalt is es da draußen, aber die frühlingshafte Wärme zeugt von positiver Zuversicht, von Freude und glücklichen Beginn….. wie jedes Jahr wird er kommen, mein Frühling!
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